Navigation überspringen

Witwenrente ohne Anrechnung fiktiven Unterhalts

Datum: 16.01.2012

Kurzbeschreibung: Mit Urteil vom 16. Januar 2012 hat der 1. Senat der Berufung einer Witwe stattgegeben, die sich gegen die Anrechnung eines - fiktiven - Unterhaltsanspruchs auf die Witwenrente nach ihrem ersten Mann wandte.

Witwenrente ohne Anrechnung fiktiven Unterhalts

Mit Urteil vom 16. Januar 2012 hat der 1. Senat der Berufung einer Witwe stattgegeben, die sich gegen die Anrechnung eines - fiktiven - Unterhaltsanspruchs auf die Witwenrente nach ihrem ersten Mann wandte.

Der Ehemann der Klägerin aus erster Ehe war schon 1970 bei einem versicherten Unfall verstorben. Die Klägerin bezog danach Witwenrente, bis sie ihren zweiten Ehemann heiratete. Im Rahmen der Scheidung von ihrem zweiten Ehemann, mit dem sie auch ein gemeinsames Kind hatte, wurde u.a. vereinbart, dass der Ehemann an die Klägerin und das gemeinsame Kind eine monatliche Unterhaltsrente zu zahlen habe. Vereinbart wurde auch eine Abänderungsmöglichkeit u.a. für den Fall, dass die Witwenrente nach dem ersten Mann wieder auflebe.

Nach der Scheidung stellte die Klägerin Antrag auf Weiterzahlung der Witwenrente, die ihr unter Anrechnung des gezahlten Unterhalts gewährt wurde. Als die Klägerin Jahre später mitteilte, dass der zweite Ehemann keinen Unterhalt mehr bezahle und ihr daher Witwenrente ohne Kürzung ausbezahlt werden solle, vertrat die im vorliegenden Verfahren beklagte Berufsgenossenschaft die Auffassung, dass die Klägerin nach dem gerichtlichen Vergleich im Scheidungsverfahren einen unbegrenzten Unterhaltsanspruch habe. Eine Anrechnung scheide nur dann aus, wenn die Klägerin ergebnislos die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs versucht habe. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass ihr ein durchsetzbarer Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann nach Eintritt der Volljährigkeit des gemeinsamen Sohnes nicht zustehe. Der Titel sei wertlos.

Während das Sozialgericht Reutlingen die Rechtsauffassung der Berufsgenossenschaft stützte, gab das Landessozialgericht in seiner Entscheidung der Klägerin Recht und hob neben den Bescheiden der Beklagten auch das entgegenstehende Urteil des Sozialgerichts auf. Der Klägerin stehe gegen ihren geschiedenen Ehemann nach den maßgeblichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kein Unterhaltsanspruch mehr zu. Die förmliche Existenz eines Unterhaltstitels könne für die Minderung der Witwenrente nicht ausreichen, wenn ein materiell-rechtlicher Unterhaltsanspruch nicht (mehr) bestehe. Er sei eine „leere Hülle“. Die Klägerin müsse diesen Titel nicht erst förmlich vor den Zivilgerichten für unwirksam erklären lassen. Es könne darüber hinaus auch dem Unterhaltsvergleich nicht entnommen werden, dass sich der zweite Ehemann der Klägerin unbefristet zur Zahlung von Unterhalt habe verpflichten wollen. Daher sei der Klägerin Witwenrente ohne Anrechnung eines fiktiven Unterhaltsanspruchs zu gewähren.

Urteil vom 16. Januar 2012 - L 1 U 1851/11

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254)

§ 65 Witwen- und Witwerrente

(1) Witwen oder Witwer von Versicherten erhalten eine Witwen- oder Witwerrente, solange sie nicht wieder geheiratet haben. ...
.....

(5) Witwenrente oder Witwerrente wird auf Antrag auch an überlebende Ehegatten gezahlt, die wieder geheiratet haben, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist und sie im Zeitpunkt der Wiederheirat Anspruch auf eine solche Rente hatten. Auf eine solche Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten werden für denselben Zeitraum bestehende Ansprüche auf Witwenrente oder Witwerrente, auf Versorgung, auf Unterhalt oder auf sonstige Rente nach dem letzten Ehegatten angerechnet, es sei denn, dass die Ansprüche nicht zu verwirklichen sind; dabei werden die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes nicht berücksichtigt



Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.